Die Betriebsschließungsversicherung ist eine Sonderform der Betriebsunterbrechungsversicherung. Bedeutung hat sie vor allem für Krankenhäuser, Pflegeheime, die Gastronomie sowie Betriebe der Lebensmittelindustrie und des Lebensmittelhandwerks, z.B. Bäckereien.
Anders als bei der Betriebsunterbrechungsversicherung liegt der Unterbrechung hier kein Sachschaden durch Feuer, Wasser oder andere Einflüsse zugrunde. Die Unterbrechung oder Einschränkung der betrieblichen Tätigkeit kommt vielmehr durch eine behördliche Anordnung zustande. Diese Anordnung wiederum bezieht sich auf das Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder auf den Nachweis von Krankheitserregern gemäß dem Infektionsschutzgesetz.
Seit Beginn der COVID 19-Pandemie war es in vielen Fällen streitig, ob die behördlichen Allgemeinverfügungen zur Schließung bestimmter Wirtschaftszweige Anordnungen im Sinne der Versicherungsbedingungen darstellten. Die vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft dazu vorgeschlagenen aktuellen Musterbedingungen (BSV 2021) sind diesbezüglich klar: Nur noch behördliche Einzelanordnungen gegen den versicherten Betrieb oder die dort beschäftigten Personen führen demnach zu einem Versicherungsfall. Die Krankheiten oder Krankheitserreger müssen entweder in der versicherten Betriebsstätte auftreten oder an dort beschäftigten Personen festgestellt oder vermutet werden.
Gegenstand der behördlichen Anordnung ist entweder die vollständige oder partielle Schließung einer versicherten Betriebsstätte oder ein Tätigkeitsverbot gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte. Auch Anordnungen, die nur räumlich abgegrenzte Teilbereiche von Betriebsstätten (z.B. eine Station eines Krankenhauses) betreffen, führen zu einer versicherten Betriebsschließung.
Daneben können auch die Kosten von angeordneten oder empfohlenen Desinfektionsmaßnahmen sowie der Brauchbarmachung oder Vernichtung von Vorräten und Waren versichert sein.
Für Versicherer und Versicherungsnehmer ist Klarheit darüber wichtig, welche Krankheiten oder Krankheitserreger genau einen Versicherungsfall begründen können. Die BSV 2021 unterscheiden für neu abzuschließende Verträge drei Varianten:
Dynamischer Verweis mit Öffnungsklausel
Es gilt die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes. Die Folgen behördlicher Maßnahmen hinsichtlich nach dem Vertragsabschluss hinzugekommener Krankheiten und Erreger sind also versichert. Außerdem erstreckt sich der Schutz auch auf im Gesetz nicht namentlich genannte gefährliche Krankheiten oder Erreger.
Ausdrücklich nicht versichert sind gemäß den aktuellen Bedingungen Folgen von Epidemien, auch wenn sie regional beschränkt sind, und Pandemien. In Fällen, in denen zunächst eine Einzelanordnung den Versicherungsfall begründete, endet dieser mit der Feststellung der Epidemie oder Pandemie durch die zuständigen Stellen.
Für Betriebsschließungsversicherungen ist zudem die sogenannte „überholende Kausalität“ von Bedeutung. Ausfälle, die z.B. wegen einer Allgemeinverfügung ohnehin eingetreten wären, mindern dann den Anspruch gegen die Betriebsschließungsversicherung.
Die BSV 2021 kennen 2 Varianten der Entschädigung der Betriebsschließung:
Im Fall von Tätigkeitsverboten ersetzt der Versicherer die Bruttolöhne und -gehälter der dem Verbot unterliegenden Personen, allerdings nicht zusätzlich zur Entschädigung für die Betriebsschließung. Zusätzlich hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf Ersatz der Kosten für Desinfektion, Schäden an Vorräten und Waren sowie behördlich angeordnete Ermittlungs- und Beobachtungsmaßnahmen.
Wie in der Betriebsunterbrechungsversicherung ist auch in der Betriebsschließungsversicherung gemäß den BSV 2021 ein Sachverständigenverfahren möglich. Jede Partei benennt einen Sachverständigen; die beiden Sachverständigen wiederum benennen einen Obmann, der über ggf. streitig gebliebene Punkte entscheidet.
Inhaltlich entspricht die Arbeit der Sachverständigen bei Betriebsschließungen weitgehend der bei Betriebsunterbrechungsschäden.