Während Betriebsunterbrechungsschäden und Warenschäden auf der Basis des Versicherungsvertrages zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer reguliert werden, ist für Haftpflichtschäden zunächst das Verhältnis von Schädiger und Geschädigtem maßgeblich. Nur soweit der Schädiger haftpflichtversichert ist, wirkt der Versicherer auf Seiten des Schädigers bei der Regulierung mit. Der Versicherer übernimmt dabei grundsätzlich nur die gesetzliche Haftpflicht, wie sie insbesondere in § 823 BGB (Schadensersatzpflicht) normiert ist, und nicht darüber hinausgehende vertragliche Ansprüche.
Haftpflichtschäden umfassen Personenschäden, Sachschäden, Vermögensschäden und das Abhandenkommen von Sachen.
Der Schädiger hat nach § 249 Abs. 1 BGB „den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.“
Zum zu ersetzenden Schaden gehört auch der entgangene Gewinn. Gelegentlich wird dieser auch als Ausfallschaden bezeichnet.
Entgangener Gewinn ist ein Begriff aus dem Schadensersatzrecht und gehört zum zu ersetzenden Schaden. Dabei geht es nicht um die Beschädigung oder Entziehung von bereits vorhandenem Vermögen, sondern auf einen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Gewinn, der nicht realisiert werden konnte. Dem Geschädigten wurden also Erwerbschancen genommen, sodass er sein Vermögen nicht vermehren konnte.
Zum entgangenen Gewinn gehören alle Vermögensvorteile, die zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses noch nicht zum Vermögen des Geschädigten gehört haben, jedoch in das Vermögen übergegangen wären, wenn kein schädigendes Ereignis stattgefunden hätte.
Ein Gewinn ist nach § 252 BGB entgangen, wenn er „nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.“ Der Geschädigte hätte also den entgangenen Gewinn erwirtschaftet, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.
Der entgangene Gewinn ergibt sich grundsätzlich aus den entgangenen Roherlösen. Von diesen werden dann die ersparten Betriebskosten abgezogen und etwaige Schadenminderungskosten hinzugerechnet. Wenn die Roherlöse geschätzt werden, ist von den durchschnittlichen Betriebsergebnissen der letzten Jahre auszugehen. Dabei sind Wachstums- oder Schrumpfungstendenzen zu beachten. Als Alternative kann auch eine konkrete Darstellung eines oder auch mehrerer entgangener Aufträge erfolgen – diese müssen natürlich belegt werden. Eventuelle Kostenersparnisse sind hiervon abzuziehen. Hier ist auf übliche Kosten wie Personalkosten oder Sachkosten einzugehen. Wenn bei der Berechnung des entgangenen Gewinns auffällt, dass Kosten nicht wegfallen, sondern trotz geringerer betrieblicher Leistung gleichbleiben oder gar ansteigen, ist dies zu begründen. Sind z.B. durch das Einstellen einer Ersatzkraft Schadenminderungskosten entstanden, werden diese hinzugerechnet und müssen erläutert werden.
Nach § 24 Nr. 1 EStG sind enthaltene Entschädigungen für einen entgangenen Gewinn einkommensteuerpflichtig. Gleiches gilt grundsätzlich für die Gewerbesteuer und die Körperschaftsteuer. Deshalb wird in den meisten Fällen eine Vor-Steuer-Berechnung durchgeführt, da der Schadenersatz ebenso steuerpflichtig ist, wie es der Gewinn ohne das schädigende Ereignis gewesen wäre.
Welches Vorgehen bei der Berechnung des entgangenen Gewinns sinnvoll ist, sollte im Einzelfall und nach dessen Besonderheiten geprüft werden. Unabhängig davon, ob der entgangene Gewinn auf der Grundlage einer geschätzten Umsatzentwicklung oder anhand konkreter entgangener Aufträge berechnet wird, reicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den zu erwartenden Gewinn aus. Dieser muss also nicht zu 100 % bewiesen werden. Ob im Ergebnis Schadenersatz erfolgreich durchgesetzt werden kann, hängt von der richtigen Berechnung des entgangenen Gewinns sowie von nachvollziehbaren Erläuterungen und Belegen ab.
Die Ermittlung des entgangenen Gewinns in einem Haftpflichtfall ist somit der Ermittlung eines Betriebsunterbrechungsschadens auf vertraglicher Grundlage ähnlich, unterscheidet sich aber auch in wichtigen Punkten davon. So gibt es beim Haftpflichtschaden keine von vorn herein nicht versicherte Kosten, vor allem aber keine Beschränkung auf eine bestimmte Haftzeit. Im Extremfall ist – zum Beispiel bei schwerer Verletzung eines Selbständigen – der entgangene Gewinn für das ganze noch verbleibende erwartete Erwerbsleben zu ersetzen.