Versicherungswertermittlung

Versicherungswerte in der Betriebsunterbrechungsversicherung - Problem der Unterversicherung

Ist die Versicherungssumme einer Betriebsunterbrechungsversicherung niedriger als der Versicherungswert, so besteht eine Unterversicherung. Im Fall der Unterversicherung wird die Entschädigung im Verhältnis von vertraglich vereinbarter Versicherungssumme zzgl. Nachhaftung zum tatsächlichen Versicherungswert quotal gekürzt (Ausnahme: Versicherung auf erstes Risiko, vereinbarte Entschädigungsgrenzen).

Berechnung angemessener Versicherungssummen

Zur Vermeidung einer Unterversicherung ist die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme fortlaufend zu prüfen und möglichst ein Verhältnis 1:1 von Versicherungswert und Versicherungssumme zu wahren.

Je nach Form der Betriebsunterbrechungsversicherung kommen dabei unterschiedliche Berechnungsmethoden zum Tragen. Allen Formen gemein ist, dass in der Betriebsunterbrechungsversicherung im Gegensatz zur eigentlichen Sachversicherung der tatsächliche Ertragsausfallschaden erst zeitlich nach Eintritt des Versicherungsfalles für einen bestimmten Zeitraum danach entsteht. Der tatsächlich drohende Betriebsunterbrechungsschaden ist folglich zum Zeitpunkt der Eindeckung noch unbekannt.

Große Betriebsunterbrechungsversicherung (Groß-BU)

Der Versicherungswert einer Groß-BU wird gebildet aus den fortlaufenden Kosten und dem Betriebsgewinn, die der Versicherungsnehmer in dem Bewertungszeitraum ohne Unterbrechung des Betriebes erwirtschaftet hätte. Der Bewertungszeitraum umfasst dabei, je nach Vertragsgestaltung, 12, 24 oder 36 Monate und endet zu dem Zeitpunkt, von dem an ein Unterbrechungsschaden nicht mehr entsteht, spätestens jedoch mit dem Ablauf der Haftzeit.

Eine dezidierte Ermittlung der entsprechenden Versicherungssummen erfolgt zumeist anhand von sogenannten Summenermittlungsbögen, die je nach Versicherer geringfügig voneinander abweichen.
Gerade bei überjährigen Haftzeiträumen besteht die Schwierigkeit darin, den künftig benötigten Deckungsumfang ausreichend zu prognostizieren. Rein vorsorglich kann der Versicherungsnehmer in der Betriebsunterbrechungsversicherung deswegen höhere Versicherungssummen vereinbaren, als mutmaßlich erforderlich. Gem. § 9 der Feuerbetriebsunterbrechungsbedingungen (FBUB) hat der Versicherungsnehmer die Möglichkeit der sogenannten Prämienabrechnung. Danach meldet der Versicherungsnehmer jährlich im Nachgang eines Versicherungsjahres die tatsächlichen Versicherungswerte an den Versicherer. Waren die tatsächlichen Versicherungswerte geringer, als zunächst vorsorglich vereinbart, so erstattet der Versicherer einen Teil der Prämienleistung für die Überdeckung.

Neben dem Instrument einer Prämienabrechnung hat der Markt eine sog. Nachhaftungsklausel entwickelt, mit der die Versicherer eine zunächst prämienfreie Nachhaftung bis zu 30 % - 40 % der vertraglichen Versicherungssumme versprechen. Eine sachgerechte Versicherungssummenermittlung kombiniert folglich eine qualifizierte Unternehmensplanung der Versicherungsnehmer mit den Gegebenheiten der Versicherungsvertragslandschaft.

Kleine Betriebsunterbrechungsversicherung (Klein-BU)

Die zumeist sehr komplexen Summenermittlungsbögen der Versicherungsbranche führen in der Praxis gerade bei kleinen Betrieben mitunter zu unverhältnismäßigem Verfahrensaufwand. Da bei entsprechenden Unternehmen nicht selten die Sachsubstanz auch maßgeblichen Einfluss auf die Ertragskraft (Ausnahme Dienstleister) hat, bemisst die kleine Betriebsunterbrechungsversicherung die Intensität des Versicherungsschutzes vereinfachend am Verhältnis der Versicherungssumme zum Versicherungswert der Sachsubstanz. Eine Unterversicherung in der Sach-Inhaltsversicherung schlägt demnach auch bei einer Betriebsunterbrechung durch. Damit bleibt die Versicherungssumme für die Betriebsunterbrechungsversicherung eine reine Entschädigungsgrenze.

Mittlere Betriebsunterbrechungsversicherung (Mittlere-BU)

Die mittlere Betriebsunterbrechungsversicherung erkennt das Problem der sachgerechten und zugleich wirtschaftlich tragbaren Summenermittlung und vereinfacht diese radikal auf folgende Formel:

Umsatzerlöse - Materialeinsatz = Rohgewinn ≙ Versicherungssumme

Bei diesem Summenermittlungsschema wird bewusst auf die Berücksichtigung von Bestandsveränderungen bei fertigen und halbfertigen Erzeugnissen verzichtet und mit historischen, jedoch bekannten und damit leicht zugänglichen Zahlen gearbeitet. Zur Berücksichtigung von Prognoserisiken und möglichen Wachstumstrends der Versicherungsnehmer greift man wie in der Groß-BU auf Nachhaftungsvereinbarungen zurück.