Unternehmensbewertungen kommen bei erbrechtlichen Auseinandersetzungen vor allem dann vor, wenn Unternehmen oder Anteile zu einem Nachlass gehören und die Höhe eines Pflichtteils streitig ist. Der Pflichtteilberechtigte hat gegenüber dem Erben zunächst einen Auskunftsanspruch, dann aber auch einen Wertermittlungsanspruch. Der Erbe muss auf Verlangen des Berechtigten ein Wertgutachten einholen, dessen Kosten der Nachlass zu tragen hat.
Ein Gutachten kann aber auch notwendig werden, wenn Unternehmensanteile innerhalb von 10 Jahren vor dem Tode verschenkt wurden.
Wie beim Zugewinnausgleich können auch bei der Bemessung des Pflichtteils sogenannte latente Steuern vom Unternehmenswert abzuziehen sein. Während dies beim Zugewinnausgleich aber immer der Fall ist, kommt es im Erbrecht darauf an, ob eine Veräußerung tatsächlich zu erwarten ist.
Die meisten Unternehmen, die für erbrechtliche Zwecke bewertet werden, sind kleinste, kleine und mittlere Unternehmen. Bei ihnen ist die Ertragskraft oft personenbezogen, also an die unternehmerische Tätigkeit des Inhabers, der Inhaberin oder einer kleinen Gruppe von Personen gebunden. Hier darf der Bewerter anders als bei der Bewertung großer, börsennotierter Unternehmen nicht einfach unterstellen, dass die vorhandene Ertragskraft bei einer fiktiven Veräußerung vollständig auf die neuen Eigentümer übertragen wird. Im Erbfall spielt dies vor allem dann eine Rolle, wenn der Erblasser selbst die treibende Kraft des Unternehmens war. Bei einer Ertragsbewertung wird dann regelmäßig von einem „Abschmelzen“ der aus Sicht des Stichtags zukünftigen Erträge auszugehen sein. Im Extremfall kann es auch sein, das mit dem Ableben des Unternehmers oder der Unternehmerin keine übertragbare Ertragskraft mehr vorhanden ist und das Unternehmen im Nachlass zum Liquidationswert anzusetzen ist.